2024: 100 Jahre Felsner GmbH
,,Man muss aufs Handwerk geil sein“
Nur wenige deutsche Unternehmen werden wirklich alt. Forscher der Universität Rostock werteten vor einigen Jahren zahlreiche Daten aus und stellten fest: Im Durchschnitt sind Firmen nach acht bis zehn Jahren insolvent.
Die Nürnberger Firma Felsner ist da eine Ausnahme. 2024 feiert das Familienunternehmen das Bäder plant, baut und renoviert, Heizungen wartet und sich um Wasserschäden kümmert, seinen 100. Geburtstag. Damit stellt sich automatisch die Frage: Wie ist es möglich, solange erfolgreich zu sein?
,,Wir wollen besser sein als andere – für den Kunden und als Arbeitgeber“, sagt Geschäftsführer Michael Hilpert. Der Franke ist 58 Jahre alt, trägt Jeans und Sneaker, wirkt bodenständig; und er brennt für sein Handwerk.
Dass die Firma erfolgreich ist, dürfte auch daran liegen, dass Hilpert als Geschäftsführer nicht nur die wirtschaftlichen Zahlen im Blick hat.
Firma Felsner in 3. Generation
Als gelernter Gas- und Wasserinstallateur mit der Zusatzqualifikation Heizungsbau kennt er die Praxis. Vor der Selbstständigkeit schraubte er jahrelang Hähne an, montierte neue Toiletten und Heizungen. Das gab ihm wertvolle Einblicke, was Kunden wollen und mit welchen Leistungen sich Geld verdienen lässt. Als Fritz Felsner, der Großvater von Hilperts Frau Susanne, die Firma 1924 gründete, lag der Schwerpunkt noch auf Elektroinstallationen. Zu den Großkunden gehörten die Bahn, die Stadt Nürnberg und der Kaufhof. Auch Leuchtreklamen installierte die Firma, etwa die der „Nürnberger Nachrichten“ und des Sportmagazins „Kicker“. Seinen Standort hatte der Handwerksbetrieb zuerst im Keller des heutigen Heimatministeriums, später zog er in die Klaragasse. In den 60er Jahren beginnen sich die Haushalte zu wandeln. Die Menschen kaufen Fernseher, Waschmaschinen und Elektroherde·und die Mitarbeiter des Elektrohauses Felsner verlegen die Leitungen.
Als Michael Hilpert in die Firma einsteigt, bilden er und seine Frau, die heute Prokuristin ist, die dritte Generation in der Geschichte des Betriebs. 1990 erweitert Hilpert die Firma um die Bereiche Sanitärinstallation und Heizungsanlagenbau. Es ist ein Schritt, um das Unternehmen für die Zukunft aufzustellen, denn mittlerweile haben sich andere Unternehmen auf leuchtende Außenwerbung spezialisiert. Hilpert ist umtriebig, hält auf Messen nach neuen Ideen Ausschau, liest Fachliteratur, hinterfragt Prozesse. ,,Eigenantrieb ist wichtig.“ Und auch Leidensfähigkeit. Die Tage als Unternehmer können lang werden, weil etwa Material fehlt. Derzeit sind Kessel und Wärmepumpen Mangelware, dabei rennen ihm die Kunden die Bude ein.
Als der Stern 1997 die Titelgeschichte „Räuber in Latzhosen“ über Pfusch und Wucher am Bau veröffentlicht, ärgert ihn das massiv. Felsner schließt sich mit anderen Unternehmen zusammen, um den Service weiter zu verbessern. Seitdem werden Mitarbeiter geschult und sensibilisiert: Sie lernen, dass Sauberkeit extrem wichtig ist -die eigene und die der Baustelle. Man bewege sich schließlich im Intimbereich der Kunden, sagt Hilpert. Werkzeuge werden nicht einfach auf den Boden gelegt, sondern auf eine Decke. Beim Kunden tragen die Angestellten Überziehschuhe. ,,Es ist auch ein Beitrag, um die Kunden zu binden“, so der dreifache Vater. Und glückliche Kunden empfehlen gern weiter.
Showroom im Osten
Felsner erwirtschaftet heute vier Millionen Euro Umsatz im Jahr, hat 32 Mitarbeiter und ein breites Portfolio. Privat- und Geschäftskunden können sich von Felsner ihre Bäder planen, bauen und renovieren lassen inklusive Lichtdesign. Seit 2008 ist das Unternehmen an der Ostendstraße zu finden. Dort ist für 2,4 Millionen Euro ein neues Bürogebäude mit Showroom im Erdgeschoss entstanden. Der Kunde kann die Produkte sehen und ihre Beschaffenheit fühlen. Und er erfährt, wie die Farben der unterschiedlichen Elemente harmonieren – oder eben nicht.
Es geht weiter
Laut einer Online-Erhebung im Auftrag der Vereinigung Deutsche: Sanitärwirtschaft verbringen die Deutschen täglich 40 Minuten im Bad. Sie wollen sich dort wohlfühlen. ,,Das Badezimmer ist kein Nutzraum mehr, es ist Wohnraum“, sag Hilpert. In einigen Fällen ist es sogar ein Arbeitsplatz. Nämlich dann, wenn sich eine Pflegekraft zwischen Waschbecken, Toilette und Dusche um die Hygiene des Bewohners kümmert. Auch das muss Felsner bei der Bad-Planung berücksichtigen.
Der Betrieb Felsner wird wohl in Familienhand bleiben. Hilperts jüngster Sohn absolviert gerade seinen Meister. Er ist Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Er soll selbst entscheiden, ob er in die Firma einsteigen will – Hilpert will ihn nicht hineintreiben. Denn die eigene Motivation ist das Wichtigste: Man muss aufs Handwerk geil sein.“
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Autor: Christiane Krodel, Nürnberger Nachrichten, 05.05.2023